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Architecture
21. November 2020

Foucaultsches Pendel

In der Dominikanerkirche im westfälischen Münster gibt es seit Jahren keine Gottesdienste mehr. Stattdessen können Besucher im inzwischen profanierten Kirchenbau eine Kunstinstallation des Künstler-Stars Gerhard Richter bewundern: Ein Foucaultsches Pendel schwingt über einer kreisrunden Bodenplatte

In der Gruft unterhalb der Dominikanerkirche ruht seit 1733 der Architekt Lambert Friedrich Corfey. Nach seinen Entwürfen hat man Anfang des 17. Jahrhunderts das Gotteshaus an der Ecke Salzstraße und Julius-Voos-Gasse in Münster erbaut. Früher gehörte der Sakralbau mit seiner barocken Frontfassade aus hellem Sandstein zu einer Klosteranlage. Heute zeugt lediglich eine Außenwand von deren ehemaliger Existenz. Und auch die Dominikanerkirche hat ihre ursprüngliche Funktion verloren.

Vor knapp drei Jahren wurde das Gotteshaus säkularisiert, und seit dem Sommer 2018 können Münsteraner und Besucher der westfälischen Stadt die Kunstinstallation von Künstler-Star Gerhard Richter in dem Kirchenschiff bewundern: „Zwei Graue Doppelspiegel für ein Pendel“ ist der Titel des Geschenks des Künstlers an die Stadt Münster. Hierbei handelt es sich um ein Foucaultsches Pendel, benannt nach dem französischen Physiker Jean Bernard Léon Foucault, das die Erdrotation auf interessante Weise veranschaulicht.

Das Pendel, eine 48 Kilogramm schwere Metallkugel mit einem Durchmesser von 22 Zentimetern, hängt schwingend an einem knapp 30 Meter langen und drei Millimeter dicken Edelstahlseil unterhalb der Vierungskuppel. An den beiden Seitenwänden des Mittelschiffs hat man die beiden „Grauen Doppelspiegel“ installiert: Hierbei handelt es sich um jeweils zwei verspiegelte rechteckige Glastafeln. Die über einen Meter breiten und sechs Meter hohen Platten sind in unterschiedlichen Grautönen gehalten und spiegeln das Innere des Kirchenraumes samt dem schwingenden Pendel und die staunenden Besuchern wider.

Die kleine Metallkugel bewegt sich über einer kreisrunden Bodenplatte aus Bergischer Grauwacke. Die runde Bodenplatte hat einen Durchmesser von etwa fünfeinhalb Metern und wiegt circa fünf Tonnen. Das steinerne Schwergewicht besteht aus einem inneren und einem äußeren Kreis. Die zwölf Steinplatten des inneren Kreises haben die Steinmetze zu einer Art Schale ausgebildet. Zehn Steinplatten mit einer Stärke von vier Zentimetern bilden diesen Außenkranz. In die dunklen Steinplatten des äußeren Kreises haben die Steinmetze die 360-Grad-Skalierung und Zahlen (in Zwölferschritten) eingefräst.

Seit Anfang dieses Jahres ruht das Pendel, sorgsam verpackt und ausgelagert. Der Grund sind Sanierungsarbeiten im Kirchenschiff. Diese werden voraussichtlich bis Ende dieses Jahres andauern. Doch danach wird das Foucaultsche Pendel seine Arbeit wieder in gewohnter Manier aufnehmen.

Text: Tanja Slasten

Das Pendel schwingt in der Dominkanerkirche in Münster. Foto: Presseamt Stadtverwaltung Münster
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