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Architecture
20. Mai 2020

Biking Architects – München

Fahrradfahren liegt nicht erst seit Corona im Trend. In Kooperation mit in Kooperation mit dem internationalen Netzwerk guiding architects stellt NXT A die schönsten Radtouren durch deutsche Metropolen vor – aber nicht irgendwelche Touren: Die Etappen sind immer architektonische Highlights. Entdeckt mit uns als erstes den Münchner Osten: Von Baumkirchen Mitte über den Piusplatz hin zum Werksviertel

Die Tour startet in Baumkirchen Mitte und führt Euch durch den Münchner Osten über Neubauprojekte wie die Bavaria Towers über Baustellen wie die Macherei hin zu Klassikern des Wohnungsbaus wie die Maikäfersiedlung. Am Ende kommt Ihr  im Werksviertel an, wo man beim Container Collective den Tag ausklingen lassen kann.

Zum Download der Route geht es hier entlang.

 

 

Baumkirchen Mitte © Claudia Neeser

1. Baumkirchen Mitte

Auf dem Gelände des ehemaligen Bahnbetriebswerks „München IV” in Berg am Laim, das seit 1992 stillgelegt ist, entsteht seit 2013 ein neues urbanes und lebendiges Stadtquartier: Baumkirchen Mitte. Projektentwickler dieses Areals, das eine Gesamtfläche von über 12,4 Hektar umfasst, ist das Immobilienunternehmen CA Imm  in Zusammenarbeit mit dem Projektpartner Patrizia AG.

Der Bebauungsplan, der auf dem Ergebnis eines städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenwettbewerbs basiert, sieht sechs Gebäudeensembles mit unterschiedlichen Nutzungen vor. Das Siegerkonzept wurde vom Planungsteam Ebner and Friends Architekten mit Mahl Gebhard Konzepte Landschaftsarchitekten entworfen. Im neuen Stadtviertel sind rund 560 Miet- und Eigentumswohnungen für circa 1.300 Menschen, ein Nahversorgungszentrum, ein Büroturm, verschiedene Dienstleistungs- und Gastronomieangebote, zwei Kitas sowie eine Sportanlage geplant. Das gesamte Areal wurde in drei Bauabschnitte unterteilt, die von verschiedenen Architekturbüros entworfen wurden (1. Bauabschnitt: Architekturbüro Delugan Meissl Associated Architects, 2. Bauabschnitt: Robert Meyer Architekten, 3. Bauabschnitt: Maisch Wolf Architekten). Der noch fehlende 4. Abschnitt entlang der Baumkirchner Straße wird in Kürze gebaut. Das Wahrzeichen des Quartiers ist schon jetzt von weitem sichtbar: Das rund 60 Meter hohe Büro- und Hotelgebäude “NEO“ vom Amsterdamer Büro UNStudio.

 

Landschaftspark Baumkirchen Mitte © Claudia Neeser

2. Landschaftspark Baumkirchen Mitte

Charakteristisch für das neue Quartier Baumkirchen Mitte ist der überdurchschnittliche Grünflächenanteil: Circa die Hälfte des Gesamtareals ist als Landschaftspark erhalten. Zwischen den stillgelegten Bahngleisen hat sich ein besonderer Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten entwickelt. Um die Natur so wenig wie möglich anzutasten, führen Stege durch den Park und zu verschiedenen Aussichtsplattformen.
Am Rande der Stege informieren Infotafeln über Naturschutz und die Geschichte des ungewöhnlichen Ortes.
Der Landschaftspark bildet eine wichtige Frischluftschneise der Stadt und soll sowohl für die künftigen Bewohner des Quartiers, als auch für Münchner Bürger ein Ort der Erholung sein.

 

Der Süddeutsche Verlag in der Hultschiner Str. 8, 81677 München © Claudia Neeser

3. Hauptverwaltung Süddeutscher Verlag

Wo sich Stadt, Landschaft und Autobahn im Münchner Osten treffen, wurde die Hauptverwaltung für den Süddeutschen Verlag im Oktober 2008 fertiggestellt. Das neue Verlagsgebäude liegt direkt gegenüber von der 1985 entstandenen Verlagsdruckerei. Nach Plänen des Architektenbüros GKK und Architekten Prof. Swantje Kühn und Oliver Kühn aus Berlin entstand ein knapp hundert Meter hohes und 25 Meter schlankes Hochhaus. An das Haupthaus schließt ein gewinkelter sechsgeschossiger Baukörper an. Dieser bildet vor der Eingangshalle eine Plaza. Ursprünglich war der Büroturm sehr viel höher geplant: Ganze 145 Meter sollte er in die Höhe ragen. Doch 2004 führte ein Münchner Volksentscheid dazu, dass die Architekten umplanen mussten: Von 2004 an darf in München keine Gebäude höher als die Türme der Frauenkirche sein. Mit viel Aufwand seitens der Architekten schrumpfte das Hochhaus also auf 100 Meter Höhe. Das Gebäude, in dem 1.850 Mitarbeiter arbeiten, wurde als erstes Bürogebäude in Deutschland mit dem „LEED-Gold-Zertifikat” ausgezeichnet. Mit seiner prismatischen Doppelfassade wirkt der Baukörper wie ein geschliffener Kristall.

 

Die Bavaria Towers in der Riedenburger Str. 2, 81677 München © Claudia Neeser

4. Bavaria Towers

In prominenter Lage an der A94 wurde Ende 2018 der Gebäudekomplex „Bavaria Towers” fertiggestellt, der den Stadteingang zu Bogenhausen neu definiert. Insgesamt 77.651 Quadratmetern Bruttomietfläche bieten die vier Türme.
Initiator des Gesamtprojekts ist die Bayern Projekt GmbH, die das Ensemble gemeinsam mit der Zurich Gruppe sowie den Investoren Von der Heyden Group realisiert. Der Entwurf wurde von den spanischen Architekten Fuensanta Nieto und Enrique Sobejano aus Madrid geplant. Das Projekt besteht aus drei Bürotürmen (Star Tower, Blue Tower und dem Sky Tower – das höchste Gebäude des Ensembles) und einem Hotelturm (White Tower), die einen zentralen Platz bilden. Die Türme, deren Höhe zwischen 46 und 83 Metern liegt, zeichnen sich durch ihre weich geschwungenen Formen, ihre flach geneigten Pultdächer, einen auskragenden zweigeschossigen Sockel und einen pentagonalen Grundriss aus.

Die transparente Fassadengestaltung, die aus Glasscheiben mit integrierter Aluminium-Konstruktion besteht, war ein wichtiger Bestandteil der Baugenehmigung. Die Behörden achteten besonders darauf, dass die Fassade genauso aussah,  wie die Architekten sie im Realisierungswettbewerb visualisiert hatten.

 

5. Die Macherei

Auf dem 26.400 Quadratmeter großen Gelände des ehemaligen Arzneimittelherstellers Temmler an der Berg-am-Laim-Straße, entsteht seit 2017 ein neues urbanes Büro- und Gewerbequartier: „Die Macherei“.
Projektentwickler dieses Areals ist ein Joint Venture aus Art-Invest Real Estate und Accumulata Immobilien.
Neben einer zentralen Plaza sollen hier insgesamt sechs Gebäude für eine Gesamtmietfläche von 64.000 Quadratmetern entstehen.

In das neue Viertel sollen Unternehmen und Start-ups einziehen. Außerdem sind ein Design-Hotel, ein Boardinghouse, ein Fitnessstudio, sowie Restaurants und Geschäfts- und Einzelhandelsflächen vorgesehen.
Bis jetzt war das Grundstück abgeriegelt. Bald jedoch soll das Gelände für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und den Bezirk Berg am Laim aufwerten. Dabei spielt die Architektur eine wichtige Rolle. Drei renommierte Architekturbüros sollen das neue Viertel zum neuen Hotspot im Münchner Osten machen: HWKN Hollwich Kushner aus New York, MSM Meyer Schmitz-Morkramer aus Köln/Frankfurt und OSA Ochs Schmidhuber Architekten aus München.

 

Die neue Maikäfersiedlung in der Echardinger- und Bad Schachener Straße von Zillerplus Architekten © zillerplus Architekten und Stadtplaner

6. Maikäfersiedlung

Zwischen 1936 und 1939 wurde die Maikäfersiedlung als „Volkswohnsiedlung am Echardinger Grünstreifen” in Berg am Laim gegründet. Das über 12 Hektar große Areal was das erste Bauprojekt der  GWG („Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsstättengesellschaft“). Insgesamt wurden 991 kostengünstige, einfache „Volkswohnungen“ für 3.900 Menschen damals von dem Architekten Guido Habers entworfen. 190 davon sind Kleinstwohnungen ohne Bad und Dusche. Die Wohnungen waren für kinderreiche Familien gedacht und die Miete durfte nicht mehr als 20 Prozent des Bruttoeinkommens betragen. Luxus waren die Gärten zu den Wohnungen, mit denen sich die Familien selbst versorgen können sollten.

Was die Maikäfersiedlung über die Jahre auszeichnete, war das starke Zugehörigkeitsgefühl und der Zusammenhalt der Bewohner. Leider wiesen die Häuser bereits Ende der 1950er Jahre starke Bauschäden auf.
Nach vielen Diskussionen, ob man die Siedlung sanieren könne, beschloss man große Teilen der Wohnanlage nach und nach abzureißen und diese durch moderne Bauten zu ersetzen. 2001 lobte die GWG einen städtebaulichen Wettbewerb aus, um die Gebiete an der Echardinger- und Bad Schachener Straße zu bebauen. Das Münchner Architekturbüro Zillerplus gewann den ersten Platz für den Städtebau. Sie verfolgen den Ansatz, den Charakter der Siedlung als Gartenstadt beizubehalten und gleichzeitig die Infrastruktur und die Wohn- und Lebensqualität zu verbessern. Für den Bau der neuen Wohnhäuser wiederum sind unterschiedliche Architekturbüros verantwortlich. Wie kleinteilig die ursprünglichen Häuser der Siedlung waren, sieht man noch an den Eigentumshäuser in der Heilbrunner- und Höhenstadter Straße, die vom Abriss verschont blieben.

 

Die Wohnbebauung am Innsbrucker Ring, 70, 81671 München © Claudia Neeser

7. Wohnbebauung Innsbrucker Ring 70 und 72

„Wohnen am Ring“ ist das Zuschussprogramm der Landeshauptstadt München, welches die Wohn- und Lebensqualität am Mittleren Ring verbessern soll. Eines der ersten Projekte dieses Förderprogramms ist die Lärmschutzbebauung am Innsbrucker Ring 70 und 72. Hier steht eine Zeilenbebauung der GEWOFAG aus den 1960er Jahren mit fünf Gebäuden, die sich zum mittleren Ring hin öffnet. Um den Autolärm zu minimieren, baute man vier neue Lärmschutzbauten. Die neuen fünfgeschossigen Baukörper schließen zum Innsbrucker Ring hin die Lücken im Bestand und schirmen das Wohngebiet vom Lärm des Straßenverkehrs ab. Damit wurde lärmberuhigtes Wohnen für circa 200 Wohnungen im Bestand geschaffen und es entstanden rund 50 geförderte barrierefreie Mietwohnungen im Neubau. Die Grundrisse wurden von Krieger Architekten aus Samerberg geplant.

Wegen der geringen Gebäudetiefe von sechs Metern erstrecken sich die Wohnungen auf beide Seiten. Die Wohn- und Schlafräume orientieren sich zur ruhigen Westseite. An der lauten Ostseite schirmen verglaste Laubengänge die Nebenräume ab.

Für die 170 Meter Glasfassade entlang des Innsbrucker Rings wurde eigens ein Farb- und Lichtkonzept entwickelt: Vier Lichtbänder leuchten in grünem, gelben und blauem Licht. Als weitere Lärmschutzmaßnahme für den Bestand zu schaffen entstand an der Bad Schachener-Straße eine oberirdischen Quartiersgarage mit insgesamt 171 Stellplätzen. 2010 zeichnete der „Ehrenpreis für guten Wohnungsbau, Wohnen im Alter und vorbildliche Sanierung“ der Landeshauptstadt München den Wohnungsbau aus.

 

Die Apartments für Auszubildende am Innsbrucker Ring, 4281671 München © Claudia Neeser

8. Azubi-Wohnen am Ring  – Pilotprojekt

Direkt an der Kreuzung zwischen Innsbrucker Ring und Grafinger Straße wurde 2019 ein Pilotprojekt der Stadt München und der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG fertiggestellt.

Ziel des Projektes ist es, bezahlbaren Wohnraum für junge Menschen zu schaffen, insbesondere für Auszubildende. In dem sechsgeschossigen Gebäude mit einem achtgeschossigen Hochpunkt befinden sich 136 Wohnungen, davon 112 Azubi-Apartments und 24 geförderte Wohnungen mit jeweils einem Gemeinschaftsbereich.

Ein Drittel der Apartments ist für Auszubildende der Stadt München vorgesehen, ein Drittel wird von der GEWOFAG an Azubis mit Wohnberechtigungsschein vermietet und ein Drittel ist für Azubis anderer Unternehmen vorgesehen. Im Erdgeschoss befinden sich eine Kinderkrippe, ein Supermarkt und eine Drogerie. Der Entwurf von 03 Architekten aus München, Gewinner des Realisierungswettbewerbs, umschließt die Freiflächen und schützt das anschließende Quartier vom Verkehrslärm des Mittleren Rings. Die Wohnungen selbst sind zum ruhigen Innenhof ausgerichtet, der sich über dem Supermarkt befindet, während sich der Baukörper zum Innsbrucker Ring mit einer geschlossenen Metallfassade abgrenzt.

 

Die neuen Wohnbebauung am Piusplatz © Fabian Getto für Allmann Sattler Wappner Architekten.

9. Nachverdichtung am Piusplatz

Nördlich und südlich des Piusplatzs entstanden 2012 vier viergeschossige Wohnhäuser, die die bestehenden Wohnzeilen aus den 50er ergänzen. Sie schließen die jeweiligen begrünten Innenhöfe zum einen entlang der Oedkarspitzstraße und zum anderen südlich der Grafinger Straße ab.

Als Ergebnis eines Wettbewerbs, den das Büro Allmann Sattler Wappner aus München gewonnen hat, werden insgesamt 32 Wohnungen größtenteils barrierefrei realisiert. Die Wohnungen verfügen über eine Nord-Süd-Orientierung und sind im Passivhausstandart ausgeführt. Hinter der offenen Fassade mit Balkonen und französischen Fenster Richtung Süden liegen die Wohn- und Kinderzimmer. Die Schlafzimmer hingegen richten sich gen Norden und sind durch eine weitgehend geschlossene Fassade geschützt. Um den Heizbedarf zu reduzieren, wurde eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung eingebaut. Eine hochwärmegedämmte und luftdichte Gebäudehülle schütz den Innenraum vor Außentemperaturen.

Mittlerweile ist das Projekt mehrfach ausgezeichnet: Es gewann den „Bayerischen Wohnungsbaupreis 2012“, den „Preis für Qualität im Wohnungsbau 2013 des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen“, den „Deutschen Bauherrenpreis 2014 in der Kategorie Neubau“ sowie den Sonderpreis „Freiraumgestaltung im Wohnungsbau“.

 

Das Werk 12 von MVRDV im Werksviertel, Speicherstraße 20, 81671 München © Claudia Neeser

10. Werksviertel

Das Werksviertel liegt auf einem ehemaligen Gewerbeareal am Ostbahnhof, wo einst Unternehmen wie Pfanni, Zündapp, Konen und Optimol ihre Produktionsstätten hatten. Nachdem die Unternehmen ihre Produktion dort einstellten, wurden die alten Hallen und Gebäude bis zur Jahrtausendwende hauptsächlich für Partys und kulturelle Events genutzt. Heute gehen von diesem Ort neue Impulse für München aus. Das Nebeneinander alter Industriehallen und neuer Gebäude gibt dem Quartier einen unverwechselbaren urbanen Charakter, der den kreativen Austausch fördert. Wohnungen, Büros, Kunst- und Konzerträume, Werkstätten, Bars und Restaurants, Geschäfte sowie Hotels und Freizeitstätten: Herausragende Architektur und vielfältig nutzbare Freiräume tragen dazu bei, dass die lebendige Geschichte des Ortes spürbar bleibt. Die einzelnen neuen Baukörper planten unterschiedliche renommierte Architekturbüros und sind teilweise schon fertiggestellt (unter anderem Steidle Architekten, Hild und K Architekten, MVRD, OSA Architekten, Nieto Sobejano Arquitectos, Büro Cukrowicz Nachbaur, Büros Chapman Taylor, Architektur-Büro RKW Rhode Kellermann Wawrowsky u.a.).

 

Über die Autoren:

ga-munich besteht aus einem  Team von Architekten, Stadtplanern und Architekturjournalisten, die sich zur Aufgabe gemacht haben, Kollegen und Fachleuten sowie architekturinteressierten Laien die zeitgenössische Architektur näher zu bringen, die städtebauliche Entwicklung Münchens zu erläutern und über Baukultur zu sprechen. (www.ga-munich.com)

ga-munich ist Mitglied des internationalen Netzwerks Guiding Architects. Guiding Architects bietet in 45 Städten in 22 Ländern Touren an, die eigens für Architekturliebhaber und Fachleute der Branche konzipiert wurden. Die Touren werden von unabhängigen, lokalen Architekten geleitet, die sich für ihre Städte begeistern.

Außerdem veröffentlicht Guiding Architects Fachtexte und organisiert Workshops, Symposien und andere Veranstaltungen zu baurelevanten Themen in unseren Städten.

Schon gewusst? Guiding Architects ist ein Benefit-Partner von NXT A. Alle NXT A-Mitglieder erhalten 20 % auf das offene Tour-Angebot „Schnitt durch die Mitte“. Lust bekommen auf mehr architektonische Touren? Dann geht es hier entlang.

Titelbild: Biking Architects durch den Münchner Osten. Karte: https://www.openstreetmap.org/#map=6/51.330/10.453
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