61 X Berlin: Ausstellung „da! Architektur in und aus Berlin“
Aus den 154 Einreichungen wählte ein unabhängiges, siebenköpfiges Gremium 61 Projekte aus, die nun unter dem Titel „da! Architektur in und aus Berlin“ im stilwerk Berlin ausgestellt sind. Die Bandbreite reicht vom Pavillon für den Schulhof bis hin zur Entwicklung ganzer Stadtquartiere. 40 der Projekte sind in Berlin und Brandenburg sowie 16 in anderen Bundesländern und fünf im Ausland entstanden.
In der „Kategorie Bauen im Denkmal“ sind etwa die massiven Holzpavillons von TRU Architekten Part mbB präsentiert, die das Büro für die Musikfakultät der Universität der Künste entworfen hat. Die zwei Bauten mit je sieben Übungsräumen entstanden in zwei ungenutzten Höfen hinter dem denkmalgeschützten Hauptgebäude aus dem Jahr 1880. Als Module vorproduziert, sind die Übungsräume schallentkoppelt auf einer Stahlbetonbodenplatte aneinandergereiht. Während die überdachten Mittelflure als farbige Passagen gestaltet sind, blieben in den Räumen die Holzoberflächen sichtbar. Die vorgehängte gewellte edle Metallfassade aus perforiertem Metall erhielt beim Deutschen Fassadenpreis 2020 eine Anerkennung.
„Cultiver la mémoire“ ist ein gärtnerisches Projekt von 100Landschaftsarchitektur im Arboretum von Craonne. Bis 1917 hatte auf dem Areal das im Ersten Weltkrieg völlig zerstörte Dorf befunden. Durch Bomben und Granaten entstandene Krater prägen heute die Topographie. Die Besucher:innen sind nun aufgefordert, in drei determinierten Ringen auf dem ehemaligen Schlachtfeld Tausende von Blumenzwiebeln zu pflanzen – und damit über die Jahre hinweg Erinnerung zu kultivieren.
Eine frei versetzbare „Zauberbude“ wiederum steht seit dem Frühling 2020, beauftragt vom Bezirksamt Mitte, auf dem Schulhof der Carl-Kraemer-Grundschule im Stadtteil Wedding. Der Clou an dem Projekt: Die Bauereignis Sütterlin Wagner Architekten GbR hat die mit Lärchenschindeln verkleidete Bude gemeinsam mit den Schüler:innen und Lehrkräften entwickelt und gebaut.
Bezüglich des Innenbaus überzeugte unter anderem das siebengeschossige Deutsche Apothekerhaus, ausgeführt vom Büro Reuter Schoger, die Jury. Alles in dem Gebäude bezieht sich dabei auf den Apothekerberuf. So wachsen auf der Treppe im Café Heilpflanzen und der Speisesaal mit offener Küche wird durch Mobilwände zum interaktiven Labor.
Wohnbauprojekte machen knapp ein Drittel der Ausstellung aus, wobei der Geschosswohnungsbau mit 63 Prozent deutlich vor den Einfamilienhäusern liegt. Kammerpräsidentin Christine Edmaier zeigte sich jedoch irritiert, unter den diesjährigen Bewerbungen keine Neubauten der landeseigenen Berliner Wohnungsbaugesellschaften mit ausreichender architektonischer Qualität vorzufinden.
„Gerade die landeseigenen Wohnungsbauunternehmen haben große Aufgaben zu bewältigen“, erklärt Sebastian Scheel, Senator für Stadtentwicklung und Wohnen. Berlin brauche leistbaren Wohnraum, der zugleich hohen städtebaulichen Ansprüchen entspreche: „Diesen scheinbaren Widerspruch gilt es noch besser aufzulösen, deshalb haben wir seit 2019 ein eigenes Modul für architektonische Qualität in die Sozialraumförderung aufgenommen.“ Ein offenbar dringend notwendiges wie auch ehrgeiziges Vorhaben. Im Schumacher Quartier auf dem Gelände des stillgelegten Flughafens Berlin-Tegel soll in den kommenden Jahren zum Beispiel „das größte Holzbauquartier der Welt“ entstehen.
Pünktlich zur Ausstellung erscheint das Jahrbuch ARCHITEKTUR BERLIN | BUILDING BERLIN 10, in dem alle ausgewählten Projekte vorgestellt werden, als zweisprachige Ausgabe auf Deutsch und auf Englisch.
Text: Inge Pett