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Architecture
19. April 2021

„Kompetenz und Softskills“

Bernd Schenk, seit 40 Jahren freiberuflicher Architekt und Mitglied der Vereinigung freischaffender Architekten, berichtet in einer 4-teiligen Kolumne über das Für und Wider der Berufsausübung. Heute der letzte Teil der Kolumne über "Kompetenz und Softskills".

Die Frage: „Was muss ich können, um erfolgreich zu sein?“ stellt sich für den angestellten Berufsanfänger genauso wie für den freiberuflich Tätigen. Es gibt jedoch einige Unterschiede.

Grundsätzlich wird natürlich bei beiden fachliche Kompetenz vorausgesetzt. Zusätzliche Kompetenzen auf Spezialgebieten (z.B. Animation, BIM, Brandschutz, Holz-/Lehmbau, Nachhaltigkeits-Berechnungen, Sanierung, allg. Web-Design, etc.) sind für beide hilfreich. Beim freiberuflichen Berufsanfänger ist die Kompetenz jedoch viel früher und auch gleich in deutlich höherem Maße notwendig. Immerhin überlässt ihm der Bauherr vertrauensvoll die Steuerung hoher Summen!

Während der angestellte Berufsanfänger im Büro seine Qualifikation ausbauen kann (und der Chef vor Abgabe immer noch einmal „drüberschaut“), muss der Freiberufler gleich von Projektbeginn an alles in die Waagschale werfen, was er kann und hat, also „All-in!“. Als Einzelkämpfer ist er da schnell überfordert. Er sollte sich tunlichst in ein Team Gleichgesinnter z.B. in einer Büro-, Kooperations-, oder Projektgemeinschaft einbinden. Im Idealfall haben die Kollegen ein paar Jahre Berufserfahrung Vorsprung. Auch die Vernetzung mit Kollegen in Verbänden für freiberufliche Architekten garantiert Erfahrungsgewinn und kann über neue Kontakte sogar Aufträge und langfristige Kooperationen generieren! Aber auch der angestellte Berufsanfänger sollte von den Erfahrungen der Team-Kollegen profitieren. Wie machen die Beiden das am besten?

Da sind wir bei den Softskills: Im Team zu arbeiten, offen und konstruktiv über Stärken und Schwächen von sich und anderen zu reden, konkurrenzfrei zu kooperieren – all das ist nicht leicht und muss geübt werden. Grundsätzlich sind zunehmend kommunikative Fähigkeiten gefragt. Damit ist nicht die Präsenz auf so vielen Social-Media-Kanälen wie möglich und permanente 360°-Informationsverteilung gemeint, sondern die Fähigkeit dem Anderen wertneutral zuzuhören, dessen und die eigenen Interessen zu erkennen und kreativ zu verknüpfen. Der Angestellte wird so im Team besser anerkannt und akzeptiert, er wird effektiver und zufriedener. Und auch seine „weiter nach oben“ orientierten Gehaltsvorstellungen bekommen mehr Gewicht.
Der Freiberufler baut so mit seinem wichtigsten Partner, dem Bauherrn, die Quintessenz des erfolgreichen Arbeitsverhältnisses auf: das gegenseitige Vertrauen. Und für ihn sind zufriedene Bauherren die beste Akquise, denn sie werden ihn weiterempfehlen und so künftige Aufträge generieren!

Nochmals: 

  • fachliche Qualifikation ist eine Selbstverständlichkeit und für beide Berufsanfänger kein entscheidendes Alleinstellungsmerkmal. Der Freiberufler und sein Team müssen sie nur früher und umfänglicher (er)bringen.
  • Spezialisierungen helfen bei Bewerbungen bzw. beim Auf- und Ausbau des eigenen Büros und reduzieren die Zahl der Mitbewerber für Job und Aufträge. Als alleinige Qualifikation können sie jedoch schnell zur Sackgasse werden. Der Angestellte entwirft nur noch bis zum Maßstab 1:100, macht nur noch Leistungsverzeichnisse oder BIM-Management. Der Freiberufler kann irgendwann nur Animationen, Brandschutz oder nur Krankenhausbau. Oder umgekehrt. Was, wenn die Umstände bzw. das Berufsumfeld sich ändern?
  • Gefragt ist jedoch zunehmend (nicht nur für Berufsanfänger beider Richtungen) die Fähigkeit konstruktiv im Team zu arbeiten, sich informativ und arbeitstechnisch/organisatorisch zu vernetzen und permanent dazu zu lernen. Wer hier die digitalen Medien professionell nutzt ist klar im Vorteil.

Dass der Freiberufler für den dauerhaften Erfolg darüber hinaus noch eine Menge betriebs-wirtschaftliche Kompetenzen haben oder erwerben muss, sei hier nur im Ansatz erwähnt: Kenntnisse über Haftpflicht-Versicherung, Einnahme-Überschuss-Rechnung, Wirtschaftlichkeits-Berechnungen, Alters-Vorsorge und einiges mehr kommen bei ihm noch zu den notwendigen Kompetenzen hinzu. Dafür arbeitet er für seine eigene Tasche (nicht selten 10 Std./Tag) und kann später sagen: „Das habe ich gemacht!“ Der Angestellte hat diese Sorgen nicht, dafür ist er weisungsgebunden und arbeitet an Projekten, die nicht seine eigenen sind.

Letztendlich gibt es kein „Besser oder Schlechter“, sondern es ist eine Mentalitätsfrage. Wo liegen die eigenen Wünsche und Fähigkeiten? Wer bin ich und wer will ich sein?  In jedem Fall sind für beide Berufsanfänger ordentlich Optimismus, Kreativität und die Neugier auf eine Zukunft gefragt, die sie mit diesem buntschillernden und vibrierenden Beruf immerhin mitgestalten wollen.

 

Selbstständige ArchitektInnen fördern.

Als selbst bekennender Freiberufler und Mitglied der Vereinigung der freischaffenden Architekten (VFA) möchte unser Autor Bernd Schenk das Honorar von 450 Euro als Preisgeld für einen Mikro-Wettbewerb stiften.
Der Wettbewerb besteht in der Einreichung eines Argumentes: „Was ist für mich der wichtigste Grund sich als freiberuflicher Architekt selbstständig zu machen?“ Das kann ein Satz, ein Video, ein Bild sein. Keine Abhandlungen, am besten kurz und knackig. Eure Argumente könnt Ihr bis zum 25. April 2021 an newmonday@georg-media.de senden. Unter den Einsendungen können unsere LeserInnen für die besten drei Beiträge abstimmen.

 

Titelbild: Im Architekturberuf sind Softskills von Vorteil
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