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Architecture
18. Juni 2020

Wohnmaschine de luxe

Die Fotoausstellung „Du, meine konkrete Utopie. Erbe Großwohnsiedlungen“ zeigt in der BDA Hamburg Galerie Fotografien der Architektin und Fotografin Zara Pfeifer. Im Zentrum steht die Wiener Großwohnsiedlung Alt-Erlaa und die Frage, was an dieser Großsiedlung auch heute noch gelungen erscheint

Aus ihrer Diplomarbeit entwickelte Zara Pfeifer das Foto- und Rechercheprojekt mit dem Ziel, einen Diskussionsbeitrag über den Erhalt der Siedlungsbestände aus den 1950er, 1960er und 1970er Jahren zu leisten. „Ich war fasziniert von dem Bau und auch davon, dass die BewohnerInnen so glücklich sind“, erzählt Zara Pfeifer über ihre Motivation. „Man sagt die Wohnzufriedenheit sei sehr hoch. Das ist hängengeblieben und dann wollte ich mir das mal genauer anschauen. Ich habe mich für eine Führung durch die Müllanlagen angemeldet. Dadurch habe ich dann auch erfahren, dass es zahlreiche Vereine gibt – unter anderem auch einen Fotoclub. Jeder dieser Clubs hat einen Abend, an dem sich alle treffen. Zu dem Fotoclubabend bin ich dann einfach mal mit meiner ganzen Ausrüstung hingegangen.“

In der Ausstellung der BDA Hamburg Galerie verweisen ihre Fotografien auf Elemente des Wohnungsbaus, die Alt-Erlaa, entwickelt in den 1970ern von dem Architekten Harry Glück, im Gegensatz zu anderen Großwohnsiedlungen erfolgreich machten: Bezahlbarer Wohnraum, kurze Wege, Freiräume, aus bepflanzten Trögen bestehende grüne Fassaden, Swimmingpools auf den Dächern der 70 Meter hohen Gebäude oder 33 Clubs. Die 3.200 Wohnungen – von denen Pfeifer einige für kurze Zeit selbst bewohnte – sind flankiert von einer Vielzahl von gemeinschaftlichen Flächen, darunter Hallenbäder, ein Tepidarium, Solarien und Infrarotsaunen.

„Ich finde die Gemeinschaftsräume super zugänglich“, sagt Zara Pfeifer. „Die können einfach mit dem Aufzug erreicht werden, weil sie im Gebäude sind. Es wäre etwas anderes, wenn die zusammengefasst in einem Zentrum außerhalb der Wohnkomplexe wären. Dann wäre die Hemmschwelle dort hinzugehen gleich viel größer. Außerdem sind die Wohnungen sehr privat, man hat keinen Einblick zu den Nachbarn. Durch dieses Private kann auch das Gemeinschaftliche so gut funktionieren. Die Dachbäder auf allen Gebäuden sind außerdem absolute Lebensqualität. Ich war da auch schon ein paar Mal schwimmen und es ist nie wirklich überfüllt. Ein Schwimmerlebnis mit so einer Aussicht ist echt was Besonderes. Und: Es gibt Haustechniker, die man anrufen kann, wenn irgendwas ist. Da kommt dann jemand und kümmert sich um die kleinen Probleme im Haus.“

„Luxus für alle“ schwebte dem Architekten für den Wohn- und Kaufpark Alt-Erlaa vor. Mit Wohnraum für ca. 9.000 Personen zählt diese Stadt in der Stadt mit ihrer vollständigen Infrastruktur zu den größten Wohnanlagen Österreichs. Die Bewohner werden gegenüber dem Eigentümer, der Alterlaa-AG, an der jeder auch mit einer Aktie beteiligt ist, von einem Mieterbeirat vertreten. Im Gegensatz zu vielen anderen Großwohnsiedlungen vergangener Jahrzehnte sind einige der realisierten Ansätze immer noch für den heutigen Wohnungsbau erstrebenswert, von autofreier Mobilität bis zum kulturellen Angebot.

Text: Alexandra Wach

 

Laufzeit: Bis 28. August 2020.
Öffnungszeiten: Mo & Do, 10 – 13 Uhr & 14 – 18 Uhr sowie nach Vereinbarung unter info@bda-hamburg.de oder Tel.: 040 41 3331

 

 

 

Schwimmerlebnis mit Aussicht im Wiener Wohnpark Alt-Erlaa. Die Anlage gilt als Vorzeigeprojekt der funktionierenden Satellitenstadt der 1979er Jahre. Foto: Zara Pfeifer
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