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05. Juni 2020

Vom Digital Home zur Digital Landscape

Wie können digitale Technologien dazu beitragen, Städte und ganze Regionen lebenswerter und klimasicherer zu gestalten? Diese Frage stand im Fokus des Online-Events „Digital Landscape“. Das internationale Studio für Landschaftsarchitektur LAND unter der Leitung von Andreas Kipar und die Spezialisten der Mailänder ‚Digital Farm’ IKON gaben dieses Webinar gemeinsam Ende Mai im Rahmen der Milano „Digital Week“, die 2020 bereits zum dritten Mal aber erstmals online stattfand

Unter dem Claim „Citta transformata“ fand nun Ende Mai die dritte Ausgabe der „Milano Digital Week“ statt – die größte Veranstaltung in Italien, die der digitalen Kultur gewidmet ist. Das internationale Studio für Landschaftsarchitektur LAND unter der Leitung von Andreas Kipar und die Spezialisten der Mailänder ‚Digital Farm’ IKON beteiligten sich an diesem erstmals online stattfindenden Event und gaben am 27. Mai ein Webinar zum Thema „Digital Landscape“. Thematisiert wurde, wie digitale Technologien dazu beitragen können, Städte und ganze Regionen lebenswerter und klimasicherer zu gestalten. Andrea Balestrini, Direktor des LAND Research lab, moderierte die Veranstaltung.

„In dieser schnelllebigen Zeit erleben wir Tag für Tag und immer mehr das Potenzial der digitalen Transformation“, betonte Andreas Kipar, Mitbegründer und Direktor des Landschaftsarchitektur-Studios LAND. Künstliche Intelligenz, Big Data, das Internet of Things und andere Technologien verändern Gesellschaft, Wirtschaft und Arbeitswelt rasant. So wie sich die private Lebenswirklichkeit verändert, müssen sich auch soziale Lebenswelten, urbane Räume, ja ganze Landschaften weiterentwickeln. Und dies nach Kipars Überzeugung „auf menschlicher Ebene“. Inzwischen, da ist sich der Landschaftsarchitekt und Stadtplaner sicher, sei die gesamte Gesellschaft zu einem „neuen Leben“ bereit. Daher gelte es, neue Formen der Wahrnehmung, der nachhaltigen Nutzung und Gestaltung zu erforschen und zu erproben – vom Digital Home zur Digital Landscape.

Zum Thema Wahrnehmung entwickelten LAND und IKON gemeinsam das Projekt „Collio XR“, das Enrico Degrassi, Co-Founder und CEO von IKON im Webinar präsentierte: Kern des Projekts ist eine App, mit der Touristen die Weinregion Friaul-Julisch Venetien (die Collio) erkunden können. Das immersive System bietet ihnen unter anderem Augmented- und Virtual Reality-Inhalte zu Kultur, Geschichte und Umwelt entlang sieben thematischer Routen in der Region.

Die Anwender können zwischen verschiedenen Narrationen und Genres wählen. Von Reportage oder Biografie über Thriller bis hin zu Science Fiction oder Fantasy. Er begegnet dem berühmten Frauenhelden Giacomo Casanova oder wird in der Piana del Preval von sagenumwobenen Feen umschwärmt. In Hinblick auf die 17 Ziele der regionalen Agenda 2030 vermittelt „Collio XR“ immer auch eine Vorstellung davon, wie sich die Landschaft in Zukunft nachhaltiger entwickeln ließe.

Mit dem Projekt haben IKON und LAND demonstriert, welches Potenzial das Prinzip Digital Landscape birgt. Es lässt sich auch auf andere Szenarien anwenden, etwa auf die Gestaltung von Landschaften, Parks oder urbanen Räumen. Die Daten einer digital erfassten Landschaft erlauben es den Landschaftsarchitekten und Stadtplanern, alle nur denkbaren Entwicklungen und Möglichkeiten virtuell und vernetzt durchzuspielen. Welche Langzeitwirkungen hätte zum Beispiel eine bestimmte Grünplanung in Hinsicht auf Wassermanagement, Unterhaltsaufwand und Allergiebelastung? Beim digitalen Landscape Information Modeling simuliert Kipars Team solche Wechselwirkungen im Detail.

Derzeit unter anderem bei einem Projekt im Westen Moskaus. Dort plant LAND auf 1,8 Millionen Quadratmetern die von Zaha Hadid Architects gestalteten Smart City Rublyovo-Arkhangelskoye. Der Masterplan von LAND sieht nicht nur ein grünes und sozial inklusives Profil vor, sondern auch ein digitales. Die Bewohner können zum Beispiel den Gebrauch von Wasser und Licht smart regulieren und so die Ressourcen ihres Stadtteils individuell auf nachhaltige Weise nutzen.

„Wir nehmen lebende Organismen digital vorweg“, preist Andreas Kipar den Vorteil der digitalen Landschaften. Während sein Büro in den letzten 30 Jahren die ‚Hardware einer Landschaft’ gestaltet habe, stehe zukünftig deren ‚Software’ im Vordergrund: „Die Implementierung von Digital Landscape soll nicht nur das Landschaftserlebnis verbessern und das Umweltbewusstsein der Menschen stärken, sondern ein globales Netzwerk schaffen, das die grüne Infrastruktur überwacht und zum Schutz der Natur und der Ökosysteme unseres Planeten beiträgt.“

Andreas Kipar studierte Landschaftsarchitektur an der Universität GHS Essen (heute Universität Duisburg-Essen) und an der Architektur am Politecnico di Milano (TU Mailand). 1990 begründete er in Mailand zusammen mit Giovanni Sala das international tätige Architektur- und Planungsbüro LAND (Akronym von „Landscape Architecture Nature Development“).

Text: Inge Pett

Andreas Kipar, Mitbegründer und Direktor des Landschaftsarchitektur-Studios LAND. Foto: LAND
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