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Arts & Culture
10. November 2020

Sechs neue Stolpersteine für München

Obwohl Stolpersteine in München stark umstritten sind, gibt es jetzt davon sechs neue vor und im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst. Sie erinnern an die Opfer aus der Zeit des Nationalsozialismus. Gestern fand eine der jährlichen Putzaktionen der Stolpersteine gegen das Vergessen statt

Stolpersteine gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt und sind längst nicht mehr nur in Deutschland zu finden. In 25 europäischen Ländern erinnern sie an Menschen, die während der Zeit der Nationalsozialisten verfolgt, deportiert, vertrieben oder in den Selbstmord getrieben wurden.

Der Künstler Gunter Demnig (geb. 1947) verlegt seit 1996 Stolpersteine zur Erinnerung an die Opfer aus der Zeit des Nationalsozialismus. Diese zeigen an: Hier lebten Opfer des nationalsozialistischen Regimes. Früher verlegte Demnig die Steine nicht nur selbst, sondern stellte sie auch eigenhändig her. Eine maschinelle Herstellung kommt für den Künstler nicht in Frage, denn die Handarbeit soll einen Gegensatz zur maschinellen Menschenvernichtung in den Konzentrationslagern bilden. Heute lässt sich der Künstler bei der Herstellung von einem Bildhauer und seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen unterstützen.

In München, wo vor der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialisten 12.000 jüdische Bürger lebten, finden sich vergleichsweise wenig Stolpersteine. Mit den sechs neuen Steinen, die dort neben und im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst verlegt wurden, steigt die Zahl der Stolpersteine nun auf 117. Das Museum will mit diesen an die früheren Bewohner der Umgebung und ihr Schicksal in der Zeit des Nationalsozialismus erinnern.

In München sind Stolpersteine stark umstritten, und ein Stadtratsbeschluss verhindert deren Verlegung auf öffentlichem Grund. Das Gedenken an die Opfer werde mit Füßen getreten, so die Kritik unter anderem aus der Israelitischen Kultusgemeinde. Sylvia Schoske, Direktorin des Ägyptischen Museums ist anderer Meinung: „Die Kritikpunkte heißen ja, dann tritt man die Erinnerung in den Boden. Wir sind Archäologen, wir pflegen sehr aufmerksam nach unten zu schauen. Und es ist noch eine andere Sache: Wenn man diese Steine lesen will, dann muss man sich ein klein wenig beugen, man muss sich verbeugen, und das ist ja eigentlich die Haltung des Gedenkens.“ Sie ist freut sich über die sechs Gedenksteine, die nun auf die Vorgeschichte des heutigen Museums aufmerksam machen.

Gestern vor 82 Jahren, am 9. November 1938 fanden in der Nacht auf den 10. November Pogrome gegen Jüdinnen und Juden im gesamten deutschen Reich statt. Zur Erinnerung an diese Gewalttaten im nationalistischen Regime gibt es jährlich zwei Putzaktion der Stolpersteine. Einmal am 9. und am 10. November, zum Andenken an die Reichspogromnacht und am jüdischen Tag des Gedenkens an den Holocaust im Frühjahr. Dieses Jahr ist die Aktion besonders wichtig, da viele Gedenkveranstaltungen und Mahnwachen aufgrund der Corona-Pandemie ausgefallen sind. Da das Messing der Stolpersteine mit der Zeit matt wird, wird jedes Jahr am 9. November dazu aufgerufen, die Steine in der eigenen Nachbarschaft zu putzen. Nur wenige Utensilien wie ein Metall- oder Messingputzmittel, ein Schwamm und etwas Wasser werden benötigt, um den alten Glanz der Steine wiederherzustellen.

Text: Valentina Grossmann

Mit sechs neuen Steinen, die neben und im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst in München verlegt wurden, steigt die Zahl der Stolpersteine in München auf 117. Foto: Staatliches Museum Ägyptischer Kunst, Arnulf Schlüter
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