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Arts & Culture
18. August 2020

#SchreibenGegenDasVergessen

Was, wenn alle Zeitzeugen verstorben sind? Die temporäre Kunst-Intervention im öffentlichen Raum „Schreiben gegen das Vergessen“ erinnert an die Todesopfer der Shoah. Bereits 2018 wurde das Projekt der Künstlerin Margarete Rabow erfolgreich in Wien realisiert. Vom 24. bis 27. August folgt nun die Fortsetzung in Frankfurt am Main

Viele hundert Meter an dicht geschriebenen Namen führen einem das Ausmaß der Vernichtung vor Augen. Fünf Ziffern verwandeln sich in eine kaum zu überblickende Strecke. Jeder Name spiegelt eine Geschichte, einen Menschen und ein zerstörtes Leben wider. 11.908 Namen erinnern an die ermordeten Jüdinnen und Juden aus Frankfurt am Main. Bis 1933 zählte die Frankfurter Jüdische Gemeinde mehr als 30.000 Mitglieder.

Doch während der NS-Herrschaft wurde das jüdische Leben in der Stadt zerstört. Bereits im April 2020 sollten in einer temporären Kunst-Invervention die Namen der Frankfurter Todesopfer der Shoah auf den Mainkai geschrieben werden. Aufgrund der Corona-Pandemie konnte das Projekt allerdings in diesem Zeitraum nicht stattfinden.

Nun wird die Gedenk-Aktion vom 24. bis 27. August 2020 verwirklicht. Mit weißer Kreide schreiben möglichst viele Teilnehmende die Namen der 11.908 bekannten Frankfurter Opfer der Shoah auf den Mainkai, der seit Sommer 2019 für den Autoverkehr gesperrt ist. Begleitend dazu entsteht der Film „11.908“, der voraussichtlich im September 2020 im Mal Seh´n Kino-Frankfurt anlässlich der Jüdischen Filmwochen zu sehen sein wird.

Das Projekt startet am 23. August von 10:00 bis 17:00 Uhr am Mainkai in Höhe des Maincafé. „Schreiben gegen das Vergessen“ kann nur gelingen, wenn sich möglichst viele beteiligen und tatkräftig unterstützen. Weitere Informationen zum Projekt findet ihr auf der Projekt-Webseite: https://schreiben-gegen-das-vergessen.eu/.

Bereits im Juni 2018 wurde die Kunst-Aktion „Schreiben gegen das Vergessen“ in Wien realisiert. 66.000 Namen erinnerten hier an die ermordeten österreichischen Jüdinnen und Juden. Der 50 minütige Film „66.000“ entstand. Vom 21. bis 28. Juni 2018 haben mehr als 800 Teilnehmende, darunter der deutsche Botschafter mit ca. 15 seiner Mitarbeiter sowie einige Schulklassen, die Namen der österreichischen Todesopfer der Shoah mit weißer Schulkreide auf die Prater Hauptallee und aufgrund des anhaltenden Regens auch auf Papier geschrieben. Anschließend wurden von allen aufgeschriebenen Namen Einzelaufnahmen mit einer 16 Millimeter Kamera angefertigt. Dank der analogen Aufnahmen wird der Film bei guter Lagerung Jahrhunderte überstehen und an die Namen erinnern.

Die Künstlerin Margarete Rabow beschäftigt sich in ihren Arbeiten und Projekten häufig mit dem individuellen und gesellschaftlichen Erinnern. Sie absolvierte bei Friedl Kubelka, jetzt Friedl vom Gröller die Schule für Künstlerische Photographie und die Schule für unabhängigen Film in Wien. Im März 1942 starb ihr Großvater im Jüdischen Krankenhaus in Frankfurt am Main an den Folgen der Lagerhaft in Buchenwald. Bei der Deutschland-Premiere des Films „66.000“ im Frankfurter Mal Seh´n Kino sagte sie, sie habe „noch nie um ein Projekt so gekämpft wie um dieses“. Auf ihrer Webseite http://margarete-rabow.de/ finden sich weitere ihrer Arbeiten zum Thema Nationalsozialismus.

Text: Valentina Grossmann

Titelbild: Schreiben gegen das Vergessen, Buchenwald 2013. Foto: Claudia Rohrauer
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