Raumwelten online only
Nationale und internationale Referent*Innen diskutieren von heute bis zum 20. November 2020, wie Kommunikation im Raum und in der Architektur in einer (post-) pandemischen Zeit funktioniert. Wie gehen Szenografie, Architektur, Stadtplanung und digitale Medien kreativ mit dem dystopischen Jahr 2020 um und bewahrheitet sich die These „dass nichts so sein wird wie vorher“ wirklich? Raumwelten möchte originelle und offene Wege aufzeigen, mit den neuen Limitierungen im Raum umzugehen. Alle Konferenz-Panels und Lectures werden online gestreamt und im Anschluss bis zum 29. November 2020 in der Mediathek abrufbar sein.
Das Highlight der Raumwelten ist auch in diesem Jahr der Fachkongress mit seinen kuratierten Panels. Eines davon hat erneut Professor Tobias Wallisser übernommen. Er lehrt an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart (ABK) und hat das internationale Büro LAVA (Laboratory for Visionary Architecture) mitgegründet. An seinem Lehrstuhl für Innovative Bau- und Raumkonzepte geht es um Theorien, Konzepte und spekulatives Denken, aber auch darum, Erdachtes zu realisieren.
„Gerade in solchen Zeiten, wenn Gewissheiten sich verflüchtigen, es eine große Unsicherheit gibt und man nicht so genau weiß, wie es weitergeht, brauchen wir Utopien, vor allen Dingen auch in der Architektur“, erklärt der Stuttgarter Professor, der auch kommissarischer Leiter des Weißenhof-Instituts ist. „Lange Jahre war in der Architektur neu das Thema; darüber lässt sich ja trefflich streiten.“ Ob allerdings etwas „neu“ ist oder nicht, sei gerade nicht wichtig, so Tobias Wallisser. „Wir müssen über die relevanten Hintergründe von Architektur sprechen – und wie Architektur mit der gesellschaftlichen Situation umgeht. Dafür brauchen wir Visionen.“
Daher hält es Tobias Wallisser gerade heute für relevant, sich mit Visionen zu beschäftigen. „Und zwar auch mit einer utopischen Vision, die im Moment nicht unmittelbar umsetzbar ist und ein schöner Wunsch bleibt. Aber anhand dieses Wunschzustandes kann man sich dann wieder mit dem Machbaren auseinandersetzen.“
Für sein Panel hat der Architektur-Avantgardist deshalb Experten eingeladen, die sich sowohl mit Zukunftsutopien beschäftigen als auch schon reale Projekte umgesetzt haben. Einer von ihnen ist Professor Dirk Hebel vom Karlsruher Institut für Technologie KIT. Sein Fachgebiet ist Entwerfen und nachhaltiges Bauen und schon seit vielen Jahren setzt er sich mit Urban Mining und Recycling auseinander. Tobias Wallisser erläutert: „Man erschließt sich neue Möglichkeiten für die Gestaltung, indem man den Ressourcenverbrauch minimiert. Es geht hier nicht um eine defensive Haltung, also möglichst wenig verbrauchen, sondern darum, aus etwas, das nicht mehr gebraucht wird, etwas Neues zu machen. Das ist eine viel aktivere Haltung.“
Zweiter Speaker beim Utopia-Panel ist Ren Yee von UNStudio (Amsterdam). Mit seinem Think Tank UNSFutures erforscht der Head of Design/Strategies, wie wir heute und in Zukunft leben, arbeiten, lernen und uns bewegen – und wie sich diese Veränderungen auf den städtischen Raum auswirken. „Die innovativen Ideen werden dann in Projekte eingespeist, die umgesetzt werden“, berichtet Tobias Wallisser. „Gute Beispiele für eine Smart City etwa, die in Holland geplant ist. Vor kurzem war sie noch Utopie, aber jetzt steht sie kurz vor der Realisierung.“
Über die Anwesenheit von Gilles Retsin – er unterrichtet an der Bartlett School an der UCL in London und ist ein Experte für robotische Fertigung – freut sich Tobias Wallisser ebenfalls. Retsin wird von dem neusten Projekt seines Startups AUAR (Automated Architecture) berichten: Wie kann man mit nur einem einzigen Bauteil, das man aber multifunktional einsetzen kann, partizipativ ein Projekt mit vielen Menschen im öffentlichen Raum entwickeln?
Das Kurator*Innen Team von Raumwelten besteht in diesem Jahr, neben Tobias Wallisser, aus Jean-Louis Vidière, Szenograf und Creative Director, der plot-Macherinnen Janina Poesch und Sabine Marinescu sowie der Berliner Szenografin Charlotte Tamschick.
Eine neu entwickelte 3D-Plattform lädt außerdem zum digitalen Get-Together ein. Die Teilnehmer können dann im digitalisierten Innenhof des Ludwigsburger Kunstzentrums Karlskaserne aufeinander zugehen, sich austauschen – und networken.
Text: Ute Strimmer