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17. Februar 2023

Wie moralisch ist ein Architekturpreis? Ein Blick hinter die Kulissen

Das renommierte österreichische Architekturbüro Baumschlager Eberle hat allen Grund, stolz zu sein: Sein Projekt “Peterhof Alpe Furx Hotel” wurde auf der bekannten Architektur-Seite ArchDaily für die “Building of the Year 2023”-Awards nominiert.
Das wäre allerdings nicht der erste Architekturpreis, den es abräumen würde: Bereits bei fünf anderen Awards konnte das Büro allein im Jahr 2022 die Jurys überzeugen. Hier eine Erklärung, was das bedeutet.

“Building of the Year”, diesen Titel möchte man sich nicht entgehen lassen. Erst recht nicht auf einer reichweitenstarken und branchenbekannten Seite wie ArchDaily. Junge wie ältere Architekturschaffende kennen das Logo und den Namen dieser Webpage. Sie verbinden damit eine Architekturdatenbank voller interessanter und qualitativ hochwertiger Projekte. Derartige Awards gibt es allerdings zuhauf. Der “World Building of the Year”-Award beispielsweise wird vom World Architecture Festival (WAF) ausgeschrieben. Aber wer steckt hinter diesem Namen? Federführend sind drei Account Manager, also Kund:innenbetreuer:innen (in diesem Fall sind die Kund:innen die teilnehmenden Büros), sowie ein kaufmännischer Direktor und zwei Direktor:innen der Geschäftsentwicklung. Keine Architekt:innen? — Keine Architekt:innen.

Die Teilnahme an nationalen wie internationalen Wettbewerben dieser Art sind im Regelfall kostenpflichtig. Die Teilnahmegebühren befinden sich üblicherweise im dreistelligen Euro- oder Dollarbereich. Im Fall des WAF liegt bereits die Early-Bird-Submission bei knapp € 900,00. Das ist aber nur der erste Schritt. Pro Team müssen mindestens zwei Delegierte-Tickets erworben werden, Kostenpunkt: je € 1.120,00. Die Reisekosten zum Veranstaltungsort Singapur sind dabei natürlich nicht eingerechnet. Erst wer diese Schwelle überwindet bzw. überwinden will und alle Bewerbungsunterlagen korrekt einreicht, wird in das System aufgenommen und hat Chance auf den Titel. Der aktuelle Gewinner ist übrigens das Highrise-Projekt Quay Qarter Tower in Sidney, Australien, des Büros 3xn.

Hinter dem WAF steckt die EMAP, eine Firma, die Print- und Online-Newsmagazine publiziert und auch Awards organisiert. Die Themen reichen dabei von Pflege und Schmuck bis zu Immobilien, Finanzen und eben auch Architektur. Diese Brands bilden dabei ein diversifiziertes Portfolio der Firma EMAP. Der Grundgedanke ist dabei wie im Falle des WAF nicht, interessante und aktuelle Architekturprojekte zu sammeln, zu präsentieren und aus denen jenes beste zu küren, sondern man möchte diese Vorgänge gewinnbringend perfektionieren.

Mit wenig personellem, zeitlichen und finanziellen Aufwand soll möglichst medienwirksam eine Plattform geschaffen werden, die den Architekturbüros Reichweite und dem WAF namhafte Architekturbüros bringt. EMAP ist laut Homepage ein Teilnehmer der “50:50 The Equality Project”-Initiative der BBC, das Gleichstellung in Publikationen fördert. Zu den führenden Köpfen (und deren Ausbalanciertheit bezüglich Gleichstellung) ist zwar wenig nach außen bekannt, allerdings gehört EMAP selbst wiederum zur Metropolis Group. Deren geschäftsführendes Team ist ausschließlich männlich, und liegt somit außer Konkurrenz bezogen auf den durchschnittlich 30-prozentigen Frauenanteil in Großbritannien.

Aber zurück zum Hotel-Komplex im stimmhaften Örtchen Zwischenwasser in Österreich. Die Chalets werden vom Architekturbüro selbst als nachhaltig beschrieben: Die Fachplaner:innen und Handwerksfirmen stammen soweit möglich aus der Region, die kleinteilige Struktur der Gebäude soll dem Ortsbild zuträglich sein, die Materialienwahl ist aufgrund der vernakulären Architektur getroffen worden und die Energie kommt aus der Erdwärme. Der Bauherr, ein einheimischer Hotelbetreiber, hat verschiedene Architekturbüros zur Bauaufgabe eingeladen, um aus den Vorschlägen das ideale Konzept für den Bauplatz zu erhalten.

So erhielt das kleine Familienunternehmen mit Blick auf sanfte bauliche Intervention in Baumschlager Eberle einen bewährten Partner wenn es darum geht, moderne Alpenarchitektur gekonnt in Szene zu setzen. Dass dabei noch immer Chalets entstanden sind, die für die heimischen Gemeinden ein großes Problem darstellen, möchte man beim Anblick der schönen Bilder gerne vergessen. Ebenso, dass ein Erbe der Getränkefirma Rauch als Investor involviert ist. Und zu guter Letzt auch, dass für den Neubau das Bestandsgasthaus abgerissen wurde. Immerhin sind es ja auch nur zehn kleine Häuschen und ein Restaurant.

 

Einen kurzen Exkurs zum hybriden Holzbau findet ihr übrigens auch auf NXT A.

Titelbild: Sind Architekturpreise für die besten? Photo: unsplash /Giorgio Trovato
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