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Architecture
09. April 2021

Home Office mal anders – Aus Airstream wird Kugelschiff

Jeff Kleck hat sich einen Traum erfüllt: Weil er ständig auf Achse war, suchte der Technologie-Unternehmer nach einer cleveren Homeoffice-Lösung. Und so ließ er einen alten Airstream-Wohnwagen zum mobilen Smart-Office namens „Kugelschiff“ umbauen

Der Architekt Robert Edmonds, der Gründer des Studios Edmonds + Lee Architects stand also plötzlich vor einem alten Airstream und sollte in dessen acht Quadratmeter all das reinpacken, was sonst in einer Wohnung samt Büro zu finden ist. Das Gefährt trägt nun den klingenden Namen „Kugelschiff“. Der amerikanische Technologieunternehmer Jeff Kleck hatte genug von seiner Bürosituation. Außerdem nahmen seine beruflichen Reisen langsam aber sicher immer mehr zu. Die Corona-Pandemie hatte zuletzt auch noch gänzlich neue Bedingungen geschaffen.

Er erinnert sich: „Ich brauchte einen Raum, in dem ich von zu Hause aus arbeiten konnte, und überall dort, wo ich für Meetings sein musste, und überall dort, wo ich für Inspiration sein wollte. Ich brauchte etwas Hochtechnologisches mit Internet- und Cloud-Konnektivität, das groß genug war, damit ein paar Leute zusammenkommen konnten.“

Als er das seiner Tochter Alaina erzählte, hatte diese die spontane Idee, einen alten Airstream zu kaufen und diesen zu seinem persönlichen Homeoffice umzubauen. Kleck war sofort begeistert: „Moderne Design-Umgebungen waren schon immer meine Vorliebe, da sie eine Atmosphäre des Optimismus ausstrahlen.“ Doch noch bevor Architekt Edmonds überhaupt loslegen konnte, mussten unerwartete Stolpersteine aus dem Weg geräumt werden, denn Jeff hatte sich auf das ikonische Modell Airstream Bambi II kapriziert, das nur zwischen 1964 und 1965 gebaut wurde.

Für Edmonds + Lee Architects war das Design eine völlig neue Herausforderung: „Die Sache wurde schnell zu einem Experiment. Uns hatte der Ehrgeiz gepackt und wir wollten wissen, ob wir unsere umfassenden Vorstellungen von Raum und Architektur auf acht Quadratmeter verdichten können.“ Das bedeutet: „Nahtlose, multifunktionale programmatische Elemente sind Bestandteile, die wir in all unsere Projekten integrieren, weil sie eine ehrliche Antwort auf die Art und Weise sind, wie Menschen ihr Leben leben. Aber in den Zwängen dieses Raumes musste dies mit unglaublich präzisen Details verbunden werden, die enge, ineinandergreifende Funktionalitäten miteinander verbinden. Ich sah mir Lösungen aus der Luftfahrtarchitektur an, wo man die traditionellen Vorgaben – Kante, Ecke und Begrenzung – über Bord wirft. Ich versuchte, den Raum als ein dreidimensionales System, das viele Dinge auf einmal sein muss und dennoch stark stilisiert ist, zu verstehen,“ bekennt Edmonds.

Schließlich galt es, jede noch so kleine Nische zu nutzen. Neue Lösungen mussten her: So befindet sich die Küche in der Mitte, und wenn sie nicht gebraucht wird, kann die Spüle mit einer abnehmbaren Blende verdeckt werden. Der Kühlschrank ist unter der Theke und hinter der Mühle verborgen. Der Architekt hat zudem einen Schreibtisch auf Kolben montiert, der auf die Höhe einer benachbarten Bank abgesenkt werden kann, so dass er in ein Bettgestell wandelbar ist.

„Die umfangreiche Ausrüstung, die der Airstream benötigt, um sich fortzubewegen und netzunabhängig zu funktionieren, befindet sich in den Küchenschränken, der Bankettbestuhlung oder verborgen in den Böden und Wänden“. Und wenn schon so viel auf so wenig Platz sein muss, dann muss das Design stimmen: Weiß lackierte Aluminium-Innenwandpaneele, Fußböden und Schränke aus weißer Esche und Arbeitsplatten aus Corian. „Das glänzende Finish des lackierten Aluminiums minimiert die visuelle Unordnung und betont das Lichtspiel auf der gewölbten Oberfläche der Decke und der Wände“, erklärt Edmonds.

Außerdem ist das Kugelschiff mit einem von Eero Saarinen entworfenen Tulip-Tisch ausgestattet, der von Stühlen aus der Feder von Charles und Ray Eames und mit Maharam-Wolle gepolsterten Bankkissen gesäumt wird. Jeff fährt seitdem sein Kugelschiff fertig ist, gern in die Berge, in die Wüste oder auch an den Strand ­– wo er eben gerade arbeiten möchte. Und am Ende des Tages kann er alles abschalten und sich mitten im Nirgendwo entspannen. Ob damit in Zukunft jeder seine Büroarbeit irgendwo am Strand verrichtet, ist allerdings fraglich.

Text: Martin Miersch

Der Architekt Robert Edmonds, der Gründer des Studios Edmonds + Lee Architects stand plötzlich vor einem alten Airstream und sollte in dessen acht Quadratmeter all das reinpacken, was sonst in einer Wohnung samt Büro zu finden ist. Foto: Edmonds + Lee Architects / Joe Fletcher
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