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Architecture
20. Juli 2020

Ein neues Pantheon für Paris

Eigentlich hätte die Fondation Pinault in der ehemaligen Bourse de Commerce Mitte Juni 2020 öffnen sollen. Wegen des Corona-Shutdowns verschiebt sich die Eröffnung des Pariser Privatmuseums nun auf das Frühjahr 2021. Für die Sanierung zeichnet der japanische Star-Architekt Tadao Ando verantwortlich

Das Großprojekt des milliardenschweren Geschäftsmanns und Kunstsammlers François Pinault vereint neoklassizistische Architektur, zeitgenössische Kunst und ein spektakuläres Baudenkmal aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, das zunächst als Getreide-Markthalle diente und anschließend als Warenbörse genutzt wurde. Gelegen zwischen Louvre und dem Centre Pompidou, verbirgt sich hinter dem monumentalen Bestandsgebäude eine Hommage an das Pantheon in Rom und zugleich der neuerliche Wille, mehrere Epochen miteinander harmonieren zu lassen, ohne den äußeren Charakter des Gebäudes zu verändern.

Während der im Viertel Les Halles liegende Rundbau inzwischen fertiggestellt ist, sind die Arbeiten an der Innenausstattung noch nicht abgeschlossen. Bei der Realisierung und museumsgerechten Transformation setzt Pinault erneut auf den Star-Architekten Tadao Ando, der bereits die Renovierung seiner venezianischen Museen – des Palazzo Grassi, der Punta della Dogana und des Teatrino – übernommen hatte. Unterstützt wird er von dem Architekturbüro NeM / Niney & Marca Architects, der Agentur Pierre-Antoine Gatier und Setec Bâtiment. „Ich habe zu Ehren der Geschichte der Stadt, die in der Bausubstanz der Bourse de la Commerce verewigt ist, einen neuen Raum geschaffen, der sich perfekt in den bestehenden einfügt, um dem gesamten Volumen, welches der zeitgenössischen Kunst gewidmet sein wird, neues Leben einzuhauchen. Architektur als Brücke zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“, so Ando über sein Konzept. Der Umbau der Bourse de Commerce hätte nach der Schlüsselübergabe im Januar 2017 schneller nicht durchgeführt werden können. Als Erstes wurde die Fassade von allen Seiten gereinigt, inklusive des Portals an der Westseite mit den vier kannelierten Säulen und korinthischen Kapitellen. Ando hat dann im Inneren einen neun Meter hohen begehbaren Zylinder entworfen, dessen Wände auf einer Gesamtfläche von 3.000 m2 reichlich Platz für Kunstwerke jeder Größe bieten. Auf den Einzelflächen von 100 bis 600 Quadratmetern sollen thematische Hängungen sowie monografische Ausstellungen, neue Produktionen und In-situ-Projekte stattfinden. Der dreidimensionale, ineinander verschachtelte Beton-Körper ist dabei eines der wenigen modernistischen Elemente, das in den historischen Bau integriert wurde.

Die für die einstige Börse charakteristische Glas- und Metallkuppel erhob man 1986 zum historischen Denkmal. Bereits 1862 wurde die Säule des einstigen hier angesiedelten Medici-Schlosses auf die Liste der denkmalgeschützten Bauten gesetzt und 1975 das ganze Börsen-Bauwerk. Während der Sanierungsarbeiten erhielt die Kuppel besondere Beachtung, indem das gusseiserne Gerüst erhalten und ein neues Glasdach geschaffen wurde.

Das Panoramafresko an der Innenwand zählt ebenfalls zu den herausragenden Schmuckstücken der Bourse de Commerce. Dank des von Ando erbauten Rundganges auf der Oberseite des Zylinders werden Besucher jetzt dieses wieder farbsatte „Panorama des Handels“ aus nächster Nähe bewundern können, eine Erfahrung, die den ersten Betrachtern nicht vergönnt war. Im Erdgeschoss treffen sie auf einen großzügigen Empfangsbereich, gefolgt im Untergeschoss von einem Auditorium samt Filmvorführraum und im ersten Stock von Workshop-Büros. Alle anderen Ga- lerien sind im zweiten Stock untergebracht. Die Pariser Designer Ronan und Erwan Bouroullec sind mit der Inneneinrichtung und Raumgestaltung des Museums vertraut worden, während im Belvedere im dritten Stock, wo sich eine beeindruckende Aussicht auf die Kapitale bietet, ein von den Starköchen Michel und Sébastian Bras geleitetes Restaurant einziehen soll.

Text: Alexandra Wach

Kunstsammler François Pinault setzt bei seinem neuen Privatmuseum in Paris erneut auf den Star-Architekten Tadao Ando. Foto: © Maxime Tétard / Courtesy Bourse de Commerce – Pinault Collection © Tadao Ando Architect & Associates, NeM / Niney & Marca Architectes, Agence Pierre-Antoine Gatier, Setec Bâtiment
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