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Architecture
26. November 2020

Ein Hochhaus für die Kunst

Im NXT A Digital Talk # 6 „Ein Hochhaus für die Kunst“ diskutieren am 1. Dezember 2020 um 19.30 Uhr Isa Fahrenholz von New Monday und Dr. Ute Strimmer von NXT A mit Benedict Esche (Kollektiv A), Prof. Lydia Haack (Vorsitzende BDA Bayern), Lars Mentrup (Stadtrat München), Prof. Dr. Andres Lepik (Direktor Architektur Museum der TU München) und Amandus Samsøe Sattler (Allmann Sattler Wappner und DGNB Präsident), warum München mehr Platz für Künstler*innen braucht und inwiefern ein Atelier-Hochhaus eine Bereicherung für die lokale aber auch internationale Kulturszene darstellt

Münchens Künstlerkolonie in den Domagk-Ateliers, die sich in Schwabing auf dem ehemaligen Funkkasernen-Gelände im Rahmen einer Zwischennutzung entwickelt hat, ist weit über die Grenzen Münchens hinaus bekannt. Heute gibt es dort rund 100 Ateliers für Künstler*innen, in den Hochzeiten verteilten sich jedoch bis zu 300 Ateliers auf dem Gelände, das übrigens nach dem Mediziner und Nobelpreisträger Gerhard Domagk (1895–1964) benannt ist.

Anfang der 2000er-Jahre konkretisierte sich dann, dass die alten Kasernengebäude auf dem Domagk-Gelände dem neuen Stadtquartier Domagkpark (Ortner & Ortner Baukunst, Berlin) weichen. Der Wunsch der Stadt und Kunstschaffenden nach einem Fortbestand der Kolonie konnte zum Teil erfüllt werden: Das größte Gebäude des Areals, das „Haus 50“, blieb als Kunsthof erhalten. Eigentümerin ist die Stadt München. Nach einer Sanierung und dem Ausbau des Südflügels werden dort nun seit Sommer 2009 exakt 101 Atelierräume mit einer Größe von 14 bis 95 Quadratmeter für jeweils fünf Jahre an Künstler und Künstlerinnen vermietet.

Das Kulturreferat belegt mittels Jury die Ateliers, die künstlereigene Domagkateliers GmbH betreibt und verwaltet das Atelierhaus. Dass in einer so teuren Stadt wie München die Ateliers natürlich heiß begehrt sind, ist klar. Über 270 Bewerbungen gab es auf die 100 Ateliers, über 100 KünstlerInnen suchen in München aktuell einen Ort zum Arbeiten, weiß Lars Mentrup, für die SPD im Bezirksausschuss und im Stadtrat sowie Vorsitzender des Vereins Domagk Kunstunterstützung (DOKU) und einer der Domagkateliers-Gesellschafter. Der 44-jährige Neu-Stadtrat hat für den Kunsthof eine ganz besondere Vision: Die Domagk-Ateliers sollen nachverdichtet werden, und zwar mit einem sechzig Meter hohen Turm am Nordende des U-förmigen Komplexes.

Dieser soll dann Platz für 100 weitere Ateliers, Musikproberäume, vielleicht ein Theater und Werkstätten bieten. Städtebaulich ist der Münchner Norden bereits geprägt durch die Highlight-Towers und das Osram-Hochhaus am Beginn der Autobahn A9 in der Parkstadt Schwabing. Ortner & Ortner hatten 2002 schon einmal einen Entwurf vorgestellt mit einem neuen, allerdings querliegenden Bau, der den Künstlerhof schließt. Und dieser Querriegel soll nun einfach vertikal aufgestellt werden – auf die Idee des Atelier- Turms kam Lars Mentrup während der 25. Tage der offenen Tür mit befreundeten Städteplanern, die 2001 am städtebaulichen Wettbewerb teilgenommen hatten.

Mit im Boot ist auch Benedict Esche, Mitbegründers des Büros Kollektiv A. Der junge Architekt, der Münchner Szene längst bekannt durch den Kulturstrand an der Corneliusbrücke oder durch den Umbau des Cafés in der Stabi, ist unter anderem auf Kulturbauten spezialisiert und hat bereits erste Skizzen und Visualisierungen zum Atelier-Turm gemacht. Enge Bande zur Kunst und zu künstlerischem Schaffen hat er nicht zuletzt bei seinem Aufenthalt in der Villa Massimo in Rom geknüpft.

„Bei der Kulturförderung zählt nicht, was das im finanziellen Sinne bringen kann, sondern wie man sich gegenseitig befruchten kann und was das für die Stadt kulturell und für den Diskurs, bedeutet,“ erklärt Benedict Esche. Bis zu 17 Geschosse zählt sein Entwurf für den geplanten Turm, der quasi einen optischen Dreiklang mit den Hochhäusern in der Umgebung bildet. Die Ateliers sind flexibel erweiterbar. Bei einer Auslastung von zehn Stockwerken als Ateliers, öffentliche Räume und Werkstätten, Rooftopbar und mit einer eigenen Galerie als Ausstellungsraum können hundert Atelierräume zur Verfügung gestellt werden.

Durch die einfache Struktur (Stahlbetonkonstruktion) sind die Flächen flexibel erweiterbar – und aufteilbar. Denkbar ist es auch, fünf Stockwerke als Studios auszubilden, die als gewerbliche Einheiten mit 1.440 Quadratmeter Fläche vermietet werden können. Nachhaltig ist das Projekt zudem, denn verwendet werden soll Recylclingbeton. „Es ist ein Beton, der tatsächlich aus München stammt, und zwar aus Abrissobjekten“, meint Esche. „Die schöne Idee ist, dass er aus Teilen der ehemaligen Bayern-Kaserne kommt, und daraus soll nun Neues entstehen. Das Material ist tatsächlich ökologischer als ein Holzbau.“

Für ein Hochhaus, wie es Lars Mentrup und Benedict Esche vorschwebt, müsste der Bebauungsplan des Areals noch geändert werden. Prinzipiell liegt der Domagkpark allerdings in einer Zone der Stadt, in der Hochhäuser erlaubt werden sollen, wenn die neue Hochhausstudie für München beschlossen ist. Offen ist auch noch die Finanzierung. Da das Projekt ziemlich teuer werden dürfte, sind Sponsoren gesucht. Für den Atelier-Turm werden zwölf Millionen Euro gebraucht. Lars Mentrup und Benedict Esche sind optimistisch.

NXT A spricht im Digital Talk #6 am 1. Dezember 2020 um 19:30 Uhr mit den Treibern der Initiative und den Akteuren aus der Architekturbranche und der Münchner Stadtpolitik. Die Anmeldung zum Talk ist offen für alle: Interessierte können sich über unser Online-Formular auf https://www.nxt-a.de/events/ein-hochhaus-fuer-die-kunst/ anmelden oder eine E-Mail an events.nxt-a@georg-media.de senden. Wir freuen uns auf euch!

Der Talk wird auf den Instagram-Kanälen von New Monday (@newjobnewmonday) und NXT A (@nxt_a_network) begleitet. NXT A-Mitglieder können die vollständige Aufzeichnung anschließend in der Mediathek ansehen.

Lest mehr dazu im aktuellen BAUMEISTER (12/2020).

Text: Ute Strimmer / Isa Fahrenholz

Die rohe, in rot pigmentiertem Beton gehaltene Struktur zeigt sich als neue Adresse für das Quartier und als erster sichtbarer Hochpunkt in der Münchner Hochhausabfolge. Eine großzügige Dachterrasse bietet einen Blick über die Stadt. Abbildungen: Kollektiv A
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