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Architecture
10. Juni 2021

Ein Ausflug nach draußen und zur Literatur

Unsere Kolumnistin Simone von Schönfeldt freut sich über das Ende der Sperrstunden und das herrliche Sommerwetter. Für die Homeoffice-Mittagspause im Park oder auf dem Balkon empfiehlt sie einen Roman von Charlotte van den Broeck

Ich habe ja für diese Kolumne gute Unterhaltung versprochen – will aber gleich vorwegnehmen: Ich weiß noch nicht, ob ich dieses Versprechen einlösen kann. Wie soll man kurzweilig starten? Da draußen scheinen alle zu stöhnen: Die Architekt:innen machen wie immer endlos Überstunden, die Handwerker:innen sind bis Ende des Jahres ausgebucht. Dazu die steigenden Materialpreise. Und irrsinnig komplexe Projekte, die nicht in Gang kommen wollen und bei denen Kosten und Termine schon zu Beginn aus dem Ruder laufen. Da fordert übrigens in meinen Augen die Berliner Architektenkammer ganz zu Recht, dass öffentliche Planungs- und Bauaufgaben wieder kleinteiliger vergeben werden.

Aber Moment: Draußen stöhnen natürlich nicht alle! Während ich meine Kolumne schreibe, habe ich ein Murmeln in den Ohren, denn es wird an allen Ecken und Enden, auf den Bürgersteigen, den Bordsteinkanten, an Stromkästen, auf Parkbänken und jeder noch so kleinen Wiese genossen: nämlich das Ende der Sperrstunden – das Beisammensein! Da lob ich mir Berlin mit seinen schönen Wegen und Plätzen und Parks. Ich verzichte darauf, an der Stelle die mangelnde Mülleimerdichte zu besprechen …

Überhaupt, was schimpfe ich: herrlichstes Sommerwetter. Perfekt, um mit seiner Zeitung oder seinem Roman eine Homeoffice-Mittagspause draußen einzulegen. Da möchte ich nicht versäumen, euch den grandiosen Roman „Wagnisse“ von Charlotte van den Broeck zu empfehlen. Hm, ich bin gerade unsicher, ob es wirklich ein Roman ist – eigentlich eine Gattung, die ich nicht sauber zuordnen kann. Irgendwie Sachbuch, irgendwie Roman, irgendwie biografisch angehaucht. Wie auch immer. Es geht um 13 tragische Bauwerke und deren Schöpfer:innen. Darum, wie eng Architekt:innen mit ihrem Werk verbunden sind, was sie dafür auf sich nehmen, woran sie verzweifeln – bis hin zum Selbstmord. Irgendwie bekannte Satzfetzen aus dem ersten Kapitel:

„Der Bauunternehmer hatte schon im Vorfeld auf das Problem hingewiesen, doch es wurde nicht auf ihn gehört … sollte so schnell wie möglich fertig werden… technische Störungen … defekte Sicherung … überlastetes Zutrittssystem … Stromausfall … endgültige Schließung …“

Zwischendrin immer mal wieder ganz existenzielle Fragen oder Aussagen, die einem eine Weile nicht aus dem Kopf gehen wollen wie: „Es ist nun mal nicht leicht, Kompromisse zu schließen, schon gar nicht als Architekt.“ Stimmt das denn? Okay, man will in der Regel das Optimum (kriegt es aber selten, allein wegen zu kleiner Budgets), man ist Perfektionist:in (kann sich aber auch mit Alternativen anfreunden, oder!?). Man lernt ja irgendwie auch, dass es durchaus spannend sein kann, trotz gewisser finanzieller, technischer oder städtebaulicher Einschränkungen, gute Lösungen auszuknobeln –manchmal sind es Kleinigkeiten wie ein wiederkehrendes schönes Detail oder ein übergroßes Holzfenster, ein Farbtupfer, das Mobiliar, die Bepflanzung, die ein Projekt – ich möchte fast sagen – retten können.

Womit könnt ihr Euch nicht abfinden? Was nervt? Wo wollt ihr (in Zukunft) keine Kompromisse mehr? Bin wahnsinnig gespannt auf Eure Zuschriften!

 

Eure Simone von Schönfeldt

Architektin, Organisationsberaterin, Baufachjournalistin

Gründerin von arbeiten übermorgen – Weiterbildung & Weiterentwicklung für Architekt*innen

 

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Mit ihrer Kolumne für NXT A hält Simone von Schönfeldt Euch alle einmal im Monat auf dem Laufenden. Foto: privat
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