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Arts & Culture
10. März 2020

Der Blick hinter die Fassade

Zwei Kuratoren, sieben Künstler, viel Publikum und die Frage wie Kunst und Architektur uns täuschen können – und welche Gefahr eine ideologische Aufladung birgt: Der BNKR setzt mit der Ausstellung „The architecture of deception“ den Startschuss für das gleichnamige Jahresprogramm der multidisziplinären Plattform für zeitgenössische Kunst und Architektur.

Die Architektur der Täuschung. Zweifelsohne lässt sich damit auch das Zuhause des BNKR beschreiben. Der historische Hochbunker im Norden Schwabings diente den Münchnern während des Zweiten Weltkriegs als Schutz vor Bombenangriffen. Seine Architektur drückt noch etwas anderes aus: „Das Gebäude sollte mehr können, als nur Menschenleben retten. Es sollte mit seiner Architektur Macht vortäuschen, Macht die das Regime so nicht mehr hatte“, formuliert es Stefan Höglmaier, Gründer und Geschäftsführer von Euroboden. Zusammen mit Nina Pettinatobetreibt der Immobilienentwickler seit 2014 den BNKR als Kommunikationsraum zwischen Architektur und zeitgenössischer Kunst.

Für das aktuelle Jahresprogramm sind die zwei international renommierten Kuratoren und Gründer von artReoriented Till Fellrath und Sam Bardaouil verantwortlich. Für sie steht der Bunker mit dem Namen BNKR und die Beschäftigung mit seiner Geschichte im Fokus ihrer Arbeit. Die Künstler Cortis & Sonderegger, Emmanuelle Lainé, Hans Op de Beeck, Bettina Pousttchi, Gregor Sailer, The Swan Collective und andere haben sie eingeladen – und alle gehen mit einem unterschiedlichen Ansatz an die Architektur der Täuschung, an die Illusion im Raum heran.

Entstanden ist eine Ausstellung, die es schafft, den Besucher für den Blick hinter die Fassade zu sensibilisieren. Dies sei nicht nur in den Zeiten von Fake News und erstarkendem Populismus nötig, wie Kurator Till Fellrath betont. Auch in der Architektur würde immer mehr für den schönen Schein gebaut. Gefährlich wird es, wenn dieser schöne Schein mit einem ideologischen Hintergrund versetzt wird.

Das immer wieder zu entlarven, darin sieht der Tiroler Fotograf Gregor Sailer seine Aufgabe. Weltweit fotografiert er Orte gefälschter Architektur: Dörfer in Frankreich, die nur zum Training des Militärs errichtet wurden oder chinesische Städte, die vorgeben eine historische Altstadt in England zu sein. Sailers dokumentierende Werke eröffnen die Ausstellung und sind wie ein roter Faden in folgenden Räumen und Etagen verteilt.

Nur allzu oft offenbart sich die Täuschung erst beim zweiten oder dritten Hinschauen. In einer Zeit, in der Bilder auf Instagram durchschnittlich nur noch ein paar Sekunden betrachtet werden, ist das ein ernstzunehmendes Problem. Vor allem, wenn mit der Täuschung auch eine ideologische Absicht einhergeht. Die Ausstellung „The architecture of deception“ zeigt, der kritische Blick hinter die Fassade ist stets notwendig.

Noch bis zum 19. Juli 2020 ist „The architecture of deception“ im Münchner BNKR zu sehen. Mehr Informationen unter www.bnkr.space

Text: Simon Rötsch

Titelbild: Gregor Sailer, Complexe de Tir en Zone UrBaine IV, French Army, France, 2015.
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