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Urban Landscape
28. Januar 2020

Architektur für Kinder

Nach Pittsburgh, Zürich, Newcastle, Moskau, Carlow und Bonn macht das Ausstellungsprojekt „The Playground Project“ nun im Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt am Main Station

Jubelnd stürzen sich die Kleinen auf die Spielskulpturen. Während sie klettern, rutschen und verstecken spielen, vertiefen sich die Erwachsenen in Fotos, Filme und Texte rund um internationale Spielplatz-Architektur. Mit der Integration erlebnispädagogischer Elemente schafft die Ausstellung „The Playground Project“. Architektur für Kinder im Deutschen Architekturmuseum (DAM) Architekturerleben zum Anfassen für die ganze Familie.
The Playground Project wurde von der Stadtplanerin Gabriela Burkhalter für die Kunsthalle Zürich kuratiert und für das Deutsche Architekturmuseum aktualisiert und ergänzt.

Der Fokus der Schau liegt auf Spielplätzen der 1950er bis 1980er Jahre, die vom Mut und der Kreativität zeugen, mit denen „Landschaftsarchitekten, Künstler, Aktivisten und Bürger zwischen 1950 und 1980 Kindern den besten Spielort zur Verfügung stellen und zugleich Gemeinschaft und Stadt neu denken“ wollten, sagt Gabriela Burkhalter. In dieser Zeit war der Spielplatz ein kreatives Labor für innovative und aufregende Projekte in den Großstädten der Industrienationen.

Über die Höhlen, Raumkapseln und Piratenschlupfwinkel schreibt der französische Künstler  Xavier de la Salle in „The Playground Project“, dem Buch zur Ausstellung, das ein Muss für alle ist, die sich mit öffentlichem Raum beschäftigen: „Diese Volumina sollten keine Abfolge von Raumkörpern mit festgelegten Funktionen sein, sondern eigenständige Räume mit einer eigenen plastischen und ästhetischen Wirkung. Da ihnen keine Gebrauchsanweisung beigefügt war, konnten die Kinder sie nutzen, wie sie wollten, entweder um sich zu bewegen oder unter dem Gesichtspunkt von Imagination und Projektion.“ Und manchmal, erinnert sich der de la Salle zurück, wurden die Räume nicht nur von Kindern genutzt, sondern „zu anderen Stunden“ auch von Erwachsenen. Zusammen mit dem polnischen Architekten Simon Koszel und dem britischen Designer David Roditi ruft Xavier de la Salle 1967 die „Group Ludic“ ins Leben. Die Künstler schufen weiße und bunte Spielskulpturen aus Polyurethan und Polyester, die auf Stahlkonstruktionen balancieren und auf Spielplätzen in Paris, Le Havre, Biarritz, Korsika, Rotterdam, Eindhoven und Den Haag kleine und große Eroberer zum Klettern einladen. De la Salle und seinen Mitstreitern ging es vor allem darum, „in schwierigen Quartieren und Schlafstädten, […] wo das lebendige Straßentreiben dem Monofunktionalismus geopfert worden war“, kreative Erlebnisräume zu schaffen und für Kinder wieder zugänglich zu machen. Neben futuristischen Konstruktionen gab es in der Hochzeit der Spielplatz-Architektur auch Seilzirkusse, naturbelassene Abenteuerspielplätze und Open-Air-Bühnenbilder.

Angesichts der Projekte der deutschen Gruppe KEKS (Kunst, Erziehung, Kybernetik, Soziologie) und des orangefarbenen Lozzi-Wurms bekommen nicht nur die kleinen Ausstellungsbesucher wieder Lust zum Toben. „Es war eine tolle, lebendige, mit vielen Konventionen brechende Zeit, in der vor allem die mitteleuropäische Architektenschaft ein neues Betätigungsfeld für sich entdeckt hat“, schwärmt Ausstellungskuratorin Gabriela Burkhalter. „Die Typologie war nicht nur eine Spielwiese für Kinder, sondern auch für planende Erwachsene, die hier ihre ersten beruflichen Gehversuche gemacht haben und zu einem Experimentierthema beigetragen haben.“

Anfang der 1980er schlug die Situation mit der Haftungsfrage in den USA abrupt um und „verändert damit die gesamte Gesellschaft“, erzählt Burkhalter weiter. „Plötzlich geht es nicht mehr um den sozialen, körperlichen, pädagogischen Wert von Spielorten, sondern darum, ob die Fallhöhe eingehalten ist und sich das Kind den Kopf einklemmen kann oder nicht.“ Das strenge Reglement, das mehr verhindert als ermöglicht, besteht bis heute. Doch sollte neben der Einhaltung von Normen und Vorschriften eines klar sein: Spielplätze mit Raum für Bewegung, Fantasie und analoge Sozialkontakte sind in unserer zunehmend digitalisierten, zubetonierten Welt wichtiger denn je. Vielleicht gelingt es dieser Ausstellung, Kindern wie Erwachsenen darauf wieder Lust zu machen.

Die Ausstellung ist noch bis 21. Juni 2020 zu sehen. Begleitend zur Ausstellung finden ab Februar drei Symposien und vier Radtouren statt: www.dam-online.de/veranstaltung

DAM Playground Seilzirkus Berlin, Foto: Conrad Roland
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